Aktuelle Studie belegt:
Das Verhalten des Arbeitgebers im Bewerbungsprozess hat weniger Einfluss auf seine Bewertung durch Kandidatinnen und Kandidaten als der Ausgang des Bewerbungsverfahrens selbst.
BONN 10. November 2020 Unter dem Titel „Die Welt ist ein Dorf geworden“ legte der Bonner Psychologe Harald Ackerschott mit seinem Team eine Studie zum Umgang mit Arbeitgeberbewertungen vor. Systematisch ausgewertet wurden Bewerber-Bewertungen von 100 Unternehmen unterschiedlicher Größe im Arbeitgeberbewertungsportal „kununu“. Im Fokus dabei: Die Suche nach den Faktoren, die für eine Bewertung der Arbeitgeber eine zentrale Rolle spielen.
Längst sind öffentliche Arbeitgeber-Bewertungen zur Normalität geworden, Bewerber/innen informieren sich, was sie erwartet, bevor sie sich bewerben. In Portalen wie „kununu“ hinterlassen sie anonym ein Feedback zum Arbeitgeber. Und diese Bewertungen haben Gewicht, wie unlängst der Bitkom in einer Studie eindrucksvoll ermittelt hat. Lt. Bitkom lassen sich 84 % der Teilnehmer/innen von diesen Bewertungen beeinflussen.
Der Arbeitgeber ist gläsern geworden, der Umgang mit Mitarbeitenden wird offengelegt und ausgiebig in den sozialen Netzwerken diskutiert. Deshalb ist es wichtig zu wissen, welche Faktoren Auswirkungen auf eine positive und eine negative Bewertung haben, die unabhängig vom Bewerbungsprozess im Unternehmen selbst sind. Und genau dieser Frage ist Harald Ackerschott zusammen mit seinem Team in der nun vorgelegten Studie nachgegangen.
Das Ergebnis ist weniger überraschend als geglaubt: Die Bewertungen sind mehr vom Ausgang des Bewerbungsprozesses bestimmt als von den Faktoren, die gemeinhin unter dem Schlagwort Candidate experience diskutiert werden. Oder anders gesagt, die Unterschiede in den Arbeitgeberbewertungen sind größer, wenn man Bewertungen von angenommenen mit denen von abgelehnten Kandidatinnen und Kandidaten vergleicht, als wenn man Bewertungen zwischen Top Employern und nicht als besonders gut ausgezeichneten Unternehmen miteinander vergleicht. Vom tatsächlichen Verhalten des Arbeitgebers hat nur eine Maßnahme besonderen Einfluss: das Ghosting. Unternehmen, die sich nicht zurückmelden und gar keine Absagen mitteilen, sondern einfach abtauchen und plötzlich mit Bewerberinnen und Bewerbern gar nicht mehr kommunizieren, werden mit besonders schlechten Bewertungen abgestraft.
„Mich persönlich hat gewundert, wie häufig es überhaupt vorkommt, dass Unternehmen sich bei Bewerberinnen und Bewerbern überhaupt nicht mehr melden: Ca. 23 % aller betrachteten Bewertungen waren Beschwerden über fehlende Rückmeldungen vonseiten der Unternehmen. Aus dem angelsächsischen Bereich kenne ich die Variation, dass Unternehmen schon in der Stellenanzeige deutlich schreiben, dass eine Rückmeldung nur erfolgt, wenn die Bewerbung interessant ist. Das ist zwar brutal, aber immerhin eine klare Ansage. Da weiß man vorher, was man zu erwarten hat und kann dementsprechend selbst entscheiden, ob man so einen Arbeitgeber haben möchte. Aber gar nichts sagen, einfach abtauchen, und am besten auf der anderen Seite noch viel Geld für Employer Branding Kampagnen ausgeben, das finde ich unmöglich. Da es in der Natur der Sache liegt, dass es mehr Ab- als Zusagen gibt, sind die Arbeitgeber gefordert, aktiv und transparent zu kommunizieren, auch und insbesondere dann, wenn dem Bewerber abgesagt wird“, so Studienleiter Harald Ackerschott.
Die Studie kann hier heruntergeladen werden.
ACKERSCHOTT AND ASSOCIATES
Der Diplompsychologe Harald Ackerschott ist Architekt des psychometrischen Assessmentsystems abci. Er forscht und publiziert seit mehr als 30 Jahren zu den Themen Auswahl, Chancengleichheit und Candidate Experience. Genauso lange unterstützt er Unternehmen und Organisationen des öffentlichen Sektors bei der Personalauswahl und der Entwicklung von Potenzialen.
Harald Ackerschott ist Obmann des DIN-Arbeitsausschusses zum Personalmanagement und einer der Initiatoren der DIN 33430 zu Personalauswahl und Eignungsdiagnostik.
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