Wolfsburg (ots) – Die deutsche Brotkultur ist nicht nur weltberühmt, sie ist sogar von der UNESCO als immaterielles Weltkulturerbe anerkannt. In der Autostadt pflegt die Manufaktur „Das Brot.“ mit Hingabe das traditionelle Bäckerhandwerk. Wer Patrick Gerecke und seinem Team zusieht, erlebt, wie solch vielfältige Genusskultur entsteht. Der Text von Gabriele Gugetzer ist im Magazin AUTO STADT & LEBEN erschienen.
Wenn er die Tür zu seinem Arbeitsplatz aufschließt, schlummert der Rest der Republik. Um kurz vor 1 Uhr morgens wird „Das Brot.“ in anheimelndes Licht getaucht. Bäckermeister Patrick Gerecke gähnt ausgiebig und wirft einen Blick aus dem riesigen Fenster der Backstube auf den Mittellandkanal. Ja, alles schläft. Auf der tagsüber so geschäftigen Wasserstraße gibt es jetzt noch nicht mal Enten zu sehen. Er zieht den Ehering ab und steckt ihn in eine kleine Schatulle. Schaltet den Ofen an und schaut nach den Brotlaiben, die in der Ruhe der Nacht lange reifen konnten. Bald werden die ersten Brote und Brötchen, von den Innenlichtern des Ofens angeleuchtet wie Preziosen, fertig gebacken sein. Wenn hungrige Kunden kurz vor halb acht Uhr morgens vor der Tür warten, verströmen Krusten-Brot, Baguette oder Walnuss-Chia-Brot ihr appetitliches Aroma in der Bäckerei. Und ein neuer Tag kann kommen. Der 34-jährige Gerecke ist Bäckermeister im „Das Brot.“. Ihm zur Seite stehen sieben Gesellen und drei Lehrlinge. Gemeinsam backen sie in drei Schichten rund 300 Brote am Tag und bedienen damit eine erstaunliche Vielfalt an Gästen: Besucher und Mitarbeiter der Autostadt, Auto-Abholer und Stammkunden aus der ganzen Region. Die Qualität ihrer Brote und Brötchen, sämtlich von Hand geformt und in Ruhe gebacken, hat sich herumgesprochen. Denn auch im Brotkulturland Deutschland hat eine solche Manufaktur Seltenheitswert.
Biomehle mit Charakter
„Das Brot.“ verwendet keine Industriemehle. „Die liefern zwar Beständigkeit, da Teig und Brote immer gleich und obendrein schneller backfertig sind“, sagt Gerecke. Aber lieber stehen er und seine Kollegen zu nachtschlafener Zeit auf, um mit gesünderen Biomehlen zu arbeiten. „Das Brot.“ bezieht seine Auswahl von einer regionalen Bioland-Müllerei: „Solche Naturprodukte reagieren eben nicht immer gleich“, erklärt Gerecke weiter. Deshalb müsse jede Palette fertig geformter Brotlaibe (der Fachausdruck dafür ist „rundgewirkt“) vor und während des Backens im Auge behalten werden. Auch Saaten und besondere Getreide wie Lichtkornroggen finden Einsatz. Damit folgt „Das Brot.“ der Philosophie der Autostadt, die in ihren Restaurants auf gesunde, vitale Ernährung setzt. Leichter verdaulich sind die Brote und Brötchen allemal, weil der Teig Ruhe hatte und langsam geführt wurde. Sogar saisonal ist „Das Brot.“. Wer schon Lust auf Frühling verspürt, darf sich auf ein feinsüßes Rhabarberbrot freuen, das im März in den Regalen stehen soll.
Einzigartige Vielfalt und Qualität
Wieso gibt es in Deutschland eigentlich so viele Brotsorten – genauer gesagt rund 3.200? Brot besteht doch eigentlich nur aus Mehl, Wasser, einer Prise Salz, etwas Hefe oder Sauerteig. Das ist eine Frage, die Gerecke begeistert. Auch nach 18 Jahren in seinem Beruf fasziniert ihn „diese Vielfalt, die sich aus wenigen guten Zutaten zaubern lässt“. Sie entsteht durch klimatische Unterschiede sowie durch die Qualität und Beschaffenheit des jeweiligen Ackerbodens, der neben Einkorn, Roggen und Weizen zahlreiche unterschiedliche Süßgräser gedeihen lässt. Natürlich kommen auch kulturelle Unterschiede zum Tragen – ebenso wie persönliche, denn Güte und Bandbreite der Produkte hängen zu großen Teilen von den Fertigkeiten der Bäcker ab. Sind sie gut, dann haben sie ein Händchen für Teig und experimentieren gerne.
„Das Brot.“ ist eine gläserne Manufaktur. Den Zweierteams durch die Glasscheibe bei der Arbeit zuzuschauen, ist nicht nur etwas für Kinder, die sich neugierig die Nasen plattdrücken und die Bäcker mit Faxen vom Arbeiten ablenken wollen. Laut Gerecke sind es oftmals erwachsene Besucher aus Fernost, die begeistert ihre Kameras zücken. Kein Wunder, erinnert „Das Brot.“ doch im besten Sinne an die gute alte Zeit, als man noch wusste, wie lecker ein handgemachtes, frisch geschmiertes Butterbrot schmeckt.
Ein Tipp vom Meister
Sie backen selber gerne? Dann probieren Sie mal diese Empfehlung von Bäckermeister Patrick Gerecke aus. Einfach eine Mischung aus gleichen Teilen Paniermehl und Butter herstellen, wobei Letzterer 0,1 Prozent Gerstenmalz zugefügt wird. 30 Gramm dieser Mischung auf 1 Kilogramm Mehl machen Brötchen besonders schmackhaft. Reste gekühlt aufbewahren.
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