München (ots) –
– Quantentechnologie wird neue Disruptionen verursachen
– Lösung von Optimierungsproblemen wird eines der ersten Einsatzfelder sein; vor allem verarbeitende Industrien wie Automotive, Pharma und Chemie werden profitieren
– Steigende Investitionen deuten auf vielversprechende Entwicklung in Richtung Kommerzialisierung; erste Märkte existieren bereits
München (ots) – Quantencomputer dürften im kommenden Jahrzehnt zunehmend Einfluss auf Unternehmen und ihre Geschäftsmodelle gewinnen. Das zeigt eine Studie, für die Roland Berger europaweit 110 Führungskräfte unterschiedlichster Branchen befragt hat: Die Mehrheit erwartet signifikante Veränderungen durch die ultraschnelle Rechentechnologie, entweder weil sie den digitalen Wandel zusätzlich beschleunigt (42%) oder weil sie neue Disruptionen auslöst (23%). 63 Prozent wollen das Thema daher künftig bei strategischen Überlegungen stärker berücksichtigen.
Bisher spielt die Quantentechnologie in der Agenda der Unternehmenslenker eine untergeordnete Rolle: Nur 8 Prozent der Befragten beziehen den erwarteten Wandel bereits dezidiert in ihre Planungen mit ein. Weitere 35 Prozent geben an, dass sie die Entwicklung zumindest im Auge behalten. „Die Zurückhaltung ist verständlich, denn der kommerzielle Nutzen der Quantencomputer wird noch einige Zeit auf sich warten lassen“, sagt Martin Streichfuß, Partner von Roland Berger und einer der Studienautoren. „Dennoch halten wir es für sinnvoll, sich bereits frühzeitig mit der neuen Technologie und ihren potenziellen Anwendungen zu befassen. Dass die Mehrheit unserer Umfrageteilnehmer dies auch vorhat, ist daher ein gutes Signal.“
Quantencomputing als wichtiges Zukunftsthema
Quantencomputer könnten vielseitig genutzt werden. Aus Sicht der Roland Berger-Experten sind vor allem vier Einsatzbereiche der ultraschnellen Rechner kommerziell relevant: erstens die Lösung von Optimierungsproblemen, für die klassische Computer oft sehr lange brauchen, zweitens Simulationen komplexer Strukturen, drittens Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen und viertens das Thema Kryptografie. „In Zukunft kommen sicher weitere Anwendungsfälle dazu“, sagt Michael Alexander, Partner und einer der Leiter des Advanced Technology Centers von Roland Berger. „Denn wie bei jeder neuen Technologie werden sich auch bei Quantencomputern aktuell noch nicht vorstellbare Einsatzfelder auftun, sobald sie erst einmal von einem größeren Anwenderkreis getestet werden.“
Automobil-, Pharma- und Chemiebranche dürften profitieren
Welche Industrien am ehesten Nutzen aus den neuen Rechenmöglichkeiten ziehen werden, hängt vor allem von der Datenintensität des jeweiligen Geschäftsmodells ab: „Entscheidend sind die Menge der Daten, ihre Vielfalt und die erforderliche Verarbeitungsgeschwindigkeit,“ sagt Frederik Hammermeister, Partner bei Roland Berger. „Wir erwarten, dass vor allem die Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten des verarbeitenden Gewerbes vom Quantencomputing profitieren werden, also etwa die Auto-, Pharma- und Chemieindustrie, aber auch die Finanz- und Transportbranche.“
Quantencomputer könnten helfen, die chemischen Abläufe im Innern von Batterien zu simulieren und so den Bau effizienterer Akkus für Elektroautos ermöglichen. Sie könnten das Training von Software, Künstlicher Intelligenz und Maschinenlernprozessen auf ein neues Niveau heben und dabei Anwendungen wie das autonome Fahren oder die automatische Erkennung von Krankheiten wie Krebs verbessern. Des Weiteren könnten sie in der Finanzbranche helfen, komplexe Optimierungsprobleme zu lösen, die aktuell selbst den größten Superrechnern zu schaffen machen.
Auch die Arbeit mit Chemikalien und Wirkstoffen ließe sich revolutionieren: „Was heute oft jahrelange Laborarbeit erfordert, zum Beispiel die Ermittlung von Molekülstrukturen oder die Analyse ihrer Eigenschaften, könnte mit Quanten-Simulationen in einem Bruchteil der Zeit stattfinden,“ sagt Studienautor Alexander. „Damit würde die Entwicklung neuer Medikamente oder Materialien enorm beschleunigt und vereinfacht.“
Massive öffentliche und private Investitionen
Wann der technologische Durchbruch im Bereich Quantencomputing gelingt, kann niemand seriös vorhersagen. Trotzdem entwickelt sich derzeit ein interessantes Marktumfeld für die Technologie. Das liegt unter anderem an sehr hohen öffentlichen Fördergeldern: Insgesamt 22 Milliarden Euro geben Staaten weltweit für Forschungsprogramme zu Quantentechnologien aus, am meisten China (10 Mrd.), Deutschland (3,1 Mrd.) und Frankreich (1,6 Mrd.). Denn Quantentechnologie gilt als kritische Infrastruktur. Das inspiriert auch private Geldgeber: Die Anzahl der Venture-Capital-Transaktionen im Bereich der Quantenanwendungen hat ebenfalls einen historischen Höchststand erreicht – ein Indiz dafür, dass immer mehr Investoren in nicht allzu ferner Zukunft mit einem kommerziellen Einsatz rechnen.
Für Unternehmen heißt das, die Fortschritte und Meilensteine sehr genau zu beobachten und Szenarien über potenzielle Auswirkungen der Quantentechnologie auf das eigene Geschäft zu entwickeln. „Bei aller Unsicherheit über das Wann und Wie der Quantentechnologie: Unserer Meinung nach sollten Unternehmen sich dringend damit beschäftigen“, sagt Streichfuß. „Jeder, der in seinem Unternehmen schon einmal ein umfassendes Transformationsprogramm angestoßen hat, weiß: Veränderungen brauchen Zeit. Wer rechtzeitig anfängt, kann Wettbewerbsvorteile für sich schaffen.“
Die vollständige Studie können Sie hier herunterladen: https://ots.de/tVMapS
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