Hamburg (ots) – Vorhofflimmern, eine weit verbreitete Herzrhythmusstörung, kommt bei Übergewichtigen nicht so schnell wieder, wenn sie abnehmen, nachdem krankhafte Bereiche ihres Herzmuskels operativ verödet wurden. Das zeigt die vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) unterstützte Studie SORT-AF, an der 133 Patienten teilnahmen.
Die Studie fand den Effekt bei Patienten mit länger anhaltendem Vorhofflimmern, deren Herz für mehr als eine Woche aus dem Takt gerät oder erst wieder durch einen ärztlichen Eingriff in den richtigen Rhythmus gebracht werden kann. Reduzierten sie nach einer Katheterablation ihr Übergewicht, kam das Vorhofflimmern bei ihnen seltener zurück als bei Patienten, die nicht abnahmen. Bei Patienten mit anfallartigem Vorhofflimmern, bei dem sich der Herzschlag in der Regel nach einigen Stunden oder wenigen Tagen von selbst beruhigt, wirkte sich das Abnehmen nicht aus.
Die Studienteilnehmer hatten einen BMI zwischen 30 und 40 und wurden zufällig der Gruppe mit oder ohne Diätprogramm zugeordnet. Dabei handelte es sich um ein strukturiertes Programm zur Gewichtsabnahme, das sogenannte interdisziplinäre multimodale Stufenkonzept. Es kombiniert Ernährungsberatung, Bewegung und psychosomatische Betreuung unter ärztlicher Aufsicht und fand in spezialisierten Adipositas-Ambulanzen statt. Alle Patienten litten unter der Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern, die durch eine Katheterablation beseitigt werden sollte. Bei diesem Verfahren veröden die Ärzte mithilfe eines Katheters krankhafte Bereiche im Herzmuskel. Diätpatienten verloren durchschnittlich fünf Kilogramm, womit sie ihren BMI von 34,9 auf 33,4 senken konnten. In der Gruppe ohne Diät nahmen die Teilnehmer nicht ab.
Ein Rekorder unter der Haut als Zeuge
Nach dem Eingriff wurden die Patienten 12 Monate begleitet. Um zu überprüfen, wie häufig Vorhofflimmern nach der Ablation wieder auftrat, bekamen sie einen sogenannten Eventrekorder unter die Haut gesetzt. Das ungefähr USB-Stick große Gerät pflanzten die Ärzte mit einem kleinen Schnitt an der linken Seite des Brustkorbs ein, die Patienten waren dabei nur örtlich betäubt. Der Eventrekorder war so programmiert, dass er Rhythmusstörungen selber aufzeichnen konnte. Denn manchmal bleiben diese unbemerkt.
„Die Studienteilnehmer fanden das Gerät toll, denn es hat ihnen Sicherheit gegeben, da es ihre Beschwerden zuverlässig dokumentierte. Viele von ihnen kennen das Phänomen, dass das Herz zu Hause stolpert, aber sobald sie beim Arzt sind, wieder gleichmäßig schlägt und befürchten dann, nicht ernst genommen zu werden“, so Studienleiter Professor Stephan Willems von der Asklepios Klinik St. Georg in Hamburg. Die vom Eventrekorder aufgezeichneten Daten wurden von den Wissenschaftlern anschließend ausgewertet. Alle Rhythmusstörungen, die länger als 30 Sekunden andauerten, zählten sie als Vorhofflimmern.
Mehr als nur Beobachtung
„Unsere Arbeit ist die erste prospektive, randomisierte Studie, die systematisch dokumentiert, wie sich ein Gewichtsverlust bei übergewichtigen Patienten auf ihre Herzrhythmusstörungen nach einer Katheterablation auswirkt“, sagt Erstautorin Dr. Nele Geßler. Neben den Hamburger Kliniken Universitäres Herz- und Gefäßzentrum UKE Hamburg und Asklepios Klinik St. Georg beteiligten sich das Universitäre Herzzentrum Lübeck sowie das Universitätsklinikum Köln an der Studie. Dass es sich positiv auswirkt, wenn übergewichtigen Personen Gewicht verlieren, war bereits aus mehreren Beobachtungsstudien bekannt. Bei diesen wurde das Vorhofflimmern jedoch unterschiedlich behandelt und das erneute Auftreten nur mit einem EKG und daher nicht so kontinuierlich überwacht.
Sicheres Verfahren, auch bei Übergewicht
Für alle Teilnehmer der SORT-AF-Studie zeigte sich, dass die Katheterablation ein sicheres Verfahren ist, um ihre Herzrhythmusstörungen zu behandeln. Denn Komplikationen wie Blutungen in dem Raum zwischen Herz und Herzbeutel blieben aus. Gerade bei übergewichtigen Patienten ist das Risiko für Komplikationen während der Katheter-OP gefürchtet. Ebenso wurde deutlich, dass Katheterablationen erfolgreich bei allen Patienten durchgeführt werden konnten, denn anschließend kam es in beiden Studiengruppen zu deutlich weniger Vorhofflimmern. „Vom strukturierten Diätprogramm profitierten zwar insbesondere die Patienten mit hartnäckigerem Vorhofflimmern, allerdings ist es dennoch für alle Patienten wichtig“, so Geßler. „Denn neben dem Nutzen für das Vorhofflimmern hilft es, kardiovaskuläre Risiken zu verringern, beispielsweise einen Herzinfarkt.“
Originalarbeit: Supervised Obesity Reduction Trial for AF Ablation Patients: Results from the SORT-AF trial.Gessler N, Willems S, Steven D, Aberle J, Akbulak RO, Gosau N, Hoffmann BA, Meyer C, Sultan A, Tilz R, Vogler J, Wohlmuth P, Scholz S, Gunawardene MA, Eickholt C, Lüker J.Europace. 2021 Apr 25:euab122. DOI: 10.1093/europace/euab122.
Kontakt: Christine Vollgraf, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), Tel.: 030 3465 529 02, presse@dzhk.de
Wissenschaftlicher Ansprechpartner: Professor Stephan Willems, Asklepios Klinik St. Georg, s.willems@asklepios.com
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