Heimatfilm, Roadmovie, Thriller – der Lago Maggiore hat schon oft die Kulissen für Film- und Fernsehproduktionen geliefert. In Deutschland weckte 1963 ein Schlagerfilm mit Grethe Weiser erstmals cineastisch die Sehnsucht nach einem Stück Italien vor Alpenkulisse. Jetzt hat das ZDF einen hochkarätig besetzten Thriller in der vielseitigen Landschaft gedreht.
„Der Feind meines Feindes“ – so lautet der Arbeitstitel des ZDF-Thrillers, für den nach vierwöchigem Dreh am See kürzlich die letzte Klappe gefallen ist. Hans Sigl und Oliver Mommsen spielen die Hauptrollen. Anknüpfend an den 2019 ausgestrahlten Thriller „Flucht durchs Höllental“ wird die Story des in Ermittlungen gegen die „Ndrangheta verstrickten Anwalts Klaus Burg (Hans Sigl) weitererzählt. Burg ist ins Zeugenschutzprogramm abgetaucht, nachdem er LKA-Ermittlern den entscheidenden Tipp zur Zerschlagung eines „Ndrangheta-Clans gegeben hatte. Die Mafia-Killer sind ihm dennoch auf der Spur. In und um Verbania, der Hauptstadt der Provinz Verbano-Cusio-Ossola am nördlichen Ende des unteren Lago Maggiore, haben die Location-Scouts mit Villen, Parks, Altstadtgassen und Uferanlagen atemberaubende Orte für die Hochspannungs-Unterhaltung gefunden. Wann der Thriller ausgestrahlt wird, steht noch nicht fest.
Der See am Fuße der Südalpen, die mondänen Villen an seinen Ufern, die Borromäischen Inseln, die mit ihren Gärten und Prachtbauten, je nach Wetter, Tages- und Jahreszeit heiter, melancholisch oder dramatisch wirken – all das, was den Lago Maggiore ausmacht, hat schon zahlreiche Film-Crews überzeugt. Im Städtchen Stresa, das sich in den frühen 1900er Jahren zu einem der prominentesten Badeorte Norditaliens entwickelte und mit seinem Grand Hotel so illustre Gäste wie Ernest Hemingway angezogen hat, konnten Passanten unlängst die deutsche Regisseurin Nana Neul und ihr Team in Aktion sehen. Neul hat in Stresa „Töchter“ nach dem Bestsellerroman von Lucy Fricke gedreht – mit Birgit Minichmayr und Alexandra Maria Lara in den Hauptrollen. Voraussichtlich wird das Roadmovie im Herbst in die Kinos kommen.
Drama, Kitsch und Nervenkitzel
In Cannobio, einem malerischen Städtchen am Westufer des Sees, hat Regisseur Stefan Jäger Locations für seinen Film „Monte Verità“ gefunden. Das Historien-Drama dreht sich um das berühmte, gleichnamige Aussteiger-Paradies im Tessin, wohin es zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch viele deutsche Intellektuelle und Künstler zog, um aus bürgerlichen Lebensentwürfen auszubrechen und alternative Lebensformen auszuprobieren. Cannobios historischer Kern strahlt mit Patrizierhäusern, Traditions-Cafes und eleganten Restaurants hat die Location-Scouts der schweizerisch-österreichisch-deutschen Coproduktion mit seinen Qualitäten überzeugt – strahlt er doch das Flair des Südens und den Charme einer längst vergangenen Epoche aus. Die letzte Klappe für „Monte Verità“ ist 2020 gefallen. Der Kinostart ist für den kommenden Herbst geplant.
Am Anfang der cineastischen Aktivitäten am Lago Maggiore stehen Filme wie Charles Vidors Verfilmung des Hemingway-Romans „In einem andern Land“, Originaltitel „A Farewell to Arms“, aus dem Jahre 1957 und der italienische Thriller „La Stanza del Vescovo“ (Das rote Zimmer) von Dino Risi aus dem Jahr 1977. Und auch „Lieder klingen am Lago Maggiore“. Der deutsch-schweizerische Spielfilm von Hans Grimm wurde 1962 gedreht – mit der beliebten Grethe Weiser, Fred Bertelmann und Antje Geerk. Die Schmonzette, die sich um einen depressiven Schlagersänger und die heilsame Wirkung der Liebe dreht, ist Leinwandkitsch, keine Frage. Zu ihrer Zeit aber ließ sie Deutschlands Kinogänger eineinhalb Stunden lang von Bella Italia und traumschöner Ferne träumen.
Indien am Lago Maggiore
Der Lago d’Orta, kleiner Nachbar des Lago Maggiore, trat bereits in der Stummfilm-Ära cineastisch in Erscheinung. 1914 ließ die Film Artistica Gloria den Streifen „Iwna, la Perla del Gange“ (Iwna, die Perle des Ganges) drehen. Mit der orientalisch angehauchten Villa Crispi in Orta hatte die Turiner Produktionsfirma eine „indische“ Location für die Story gefunden. Nur wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg kam die Paramount Pictures aus den USA an den Ortasee. Das Drama „Captain Carey“, das 1950 über Amerikas Leinwände flimmerte, erzählt die Geschichte eines US-Geheimdienstoffiziers. Der kommt nach Kriegsende an seinen Einsatzort am Ortasee zurück, um aufzuklären, wer sein Team – auch mit tragischen Folgen für die Zivilbevölkerung – an die Nazis verraten hat. Seine totgeglaubte, ehemalige italienische Geliebte rückt dabei ins Visier. Spannung mit preisgekrönter Musik – 1951 wurde der Film mit einem Oscar in der Kategorie „Best Song“ ausgezeichnet. Die spektakuläre Landschaft hingegen blieb auf der Leinwand hinter ihren Möglichkeiten zurück. Der Streifen wurde in schwarz-weiß gedreht.
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