Baierbrunn (ots) – Wirkt das neue Medikament besser gegen eine Erkrankung als das bisher übliche? Nimmt die Ernährung Einfluss auf den Verlauf von Rheuma? Welche Nach- und Vorteile bringt die lebenslange Einnahme einer Arznei gegen eine chronische Krankheit? Die ärztliche Wissenschaft ist ständig im Fluss, jederzeit können neue Erkenntnisse alte Dogmen überholen. Daher erhöht nichts die Chancen mehr auf einen möglichst positiven Verlauf als die Wissenschaft mit ihrer Forschung. Die sogenannte Evidenzbasierte Medizin fordert, dass ärztliche Entscheidungen auf Basis von wissenschaftlich-empirischen Erkenntnissen getroffen werden. Wofür die Evidenzbasierte Medizin steht und wie die Menschen von ihr profitieren, zeigt das Gesundheitsmagazin „Apotheken Umschau“.
Belastbare Ergebnisse aus Vergleichsstudien
Mitte der 1990er Jahre tauchte erstmals der inzwischen gängige Begriff der Evidenzbasierten Medizin im deutschsprachigen Raum auf. Das englische Wort „Evidence“ bedeutet „Beweis“, das deutsche Wort „evident“ steht für „offensichtlich“ oder „naheliegend“. Oftmals liefern wissenschaftliche Vergleichsstudien die benötigten medizinischen Erkenntnisse. Bei diesen sogenannten randomisierten Studien werden die Patientinnen und Patienten zwei Gruppen zugewürfelt. Eine Gruppe erhält das Medikament, die andere eine Tablette ohne Wirkstoff oder die bisherige Standardmedizin. Weder die Teilnehmenden noch deren Behandlerinnen und Behandler wissen, zu welcher Gruppe der oder die Einzelne gehört. Auch die Nachbeobachtung von Medikamenten kann wichtige Hinweise liefern – zum Beispiel, indem nach der Zulassung der Präparate seltene Nebenwirkungen aufgedeckt werden, indem Daten aus Registern Hinweise etwa auf Risiken bestimmter Ersatzgelenke liefern oder indem aufgezeigt wird, wie gut Menschen mit bestimmten Erkrankungen versorgt werden.
Wichtig ist zudem, dass Patientinnen und Patienten auch selbst beurteilen, wie gut eine Therapie anschlägt. Allerdings kann der persönliche Eindruck zuweilen täuschen. Eine vermeintlich heilende Wirkung kann auch allein auf dem sogenannten Placeboeffekt beruhen. Ein Beispiel: Werden Medikamente in Studien mit wirkstofffreien Scheinmedikamenten verglichen, zeigen auch Letztere eine gewisse Wirksamkeit – der Glaube daran spielt hier eine entscheidende Rolle. Neben diesem positiven Effekt sollte nicht vergessen werden, dass ein Medikament das behandelte Leiden womöglich (noch) viel besser lindern könnte.
Mythen schlichen sich ein, weil Studien fehlten
Wie wichtig und richtig die Orientierung an der Wissenschaft ist, zeigen bekannte Mythen der Medizin. Sie hatten sich eingeschlichen, weil Studien fehlten oder schlecht gemacht waren – bis valide Untersuchungen den Wissensstand veränderten. So wird beispielsweise Frauen in den Wechseljahren heute empfohlen, Hormonpräparate allenfalls kurzfristig und in der niedrigmöglichsten Dosis einzunehmen, weil inzwischen die damit verbundenen Risiken gut bekannt sind. Rückenpatientinnen und -patienten erhielten lange den Rat, sich zu schonen oder ins Bett zu legen. Heute weiß man, dass Aktivität das Beste fürs Kreuz ist. Ähnliches gilt für Herzleiden: Angepasst an die ärztlich empfohlene Belastbarkeit profitieren Patientinnen und Patienten von Sport. Menschen mit Kniearthrose wiederum nützt eine Gelenkspiegelung samt Spülung meist nicht viel: Eine vorgetäuschte OP schnitt in Studien nicht schlechter ab.
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