Ingelheim (ots) –
Zwar erkranken Kinder in der Regel nicht schwer an COVID-19, doch die Begleitumstände der Pandemie beeinflussen ihren Alltag stark. Die Kontaktbeschränkungen des letzten Jahres haben dazu geführt, dass viele Infekte ausgelassen wurden, die in diesem Herbst und Winter nachgeholt werden. Die Kinder sind noch häufiger krank als ohnehin schon, das Immunsystem ist geschwächt und anfällig. Neben harmlosen Erkältungen tritt auch das für Kleinkinder potentiell gefährliche RS-Virus vermehrt auf und COVID-19 verbreitet sich rasant. Erkrankungen der unteren Atemwege wie Bronchitis oder Lungenentzündung sind aktuell weit verbreitet.
Atemwegsinfekte und COVID-19 bei Kindern diesen Herbst und Winter besonders häufig
10 und mehr Atemwegsinfekte pro Jahr sind bei Kleinkindern nicht ungewöhnlich. Im Kindergartenalter sind jährlich noch etwa 4-8 Atemwegsinfekte normal. Weltweit zählen Atemwegsinfektionen wie Lungenentzündung und Grippe zu den häufigsten Todesursachen bei Kindern. In Deutschland ist die medizinische Versorgung zum Glück gut und die Kindersterblichkeit gering, doch verdeutlicht dies, welche Verbreitung und Tragweite Atemwegsinfektionen bei Kindern haben.
Die COVID-19-Krankheitsverläufe bei Kindern sind generell milder als bei Erwachsenen. Ihre Prognose ist besser und die Sterblichkeitsrate deutlich geringer. Etwa 70 % der Kinder mit COVID-19 entwickeln Symptome, dabei sind Magen-Darm-Symptome stärker verbreitet als bei Erwachsenen. Auch bei Kindern und Jugendlichen kann COVID-19 – wenn auch selten – einen schweren Krankheitsverlauf, Krankenhausaufenthalt und sogar Intensivbehandlung mit sich bringen. In Deutschland wird knapp 1 % der Kinder mit COVID-19 im Krankenhaus behandelt, 5 % dieser Kinder intensivmedizinisch. Kinder mit Vorerkrankungen sind hier einem höheren Risiko ausgesetzt. Kinder können zudem auch von Long Covid betroffen sein und nach der eigentlichen Genesung langfristige Gesundheitsprobleme haben.
Das Immunsystem stärken, vor Infektionen schützen
Nicht nur zum Schutz vor COVID-19, sondern auch vor anderen Infektionserkrankungen wie RSV, Grippe oder banalen Erkältungen, ist die Stärkung des Immunsystems von entscheidender Bedeutung. Zu den wichtigsten Maßnahmen, die Kinder und Eltern selbst ergreifen können, zählen viel zu trinken, eine vollwertige, pflanzenbetonte Ernährung, regelmäßige Bewegung im Freien, ausreichend Schlaf sowie das Warmhalten des Körpers, vor allem von Hals und Füßen. Die Vitamin-D-Versorgung sollte optimiert werden und bei akuten Infekten und erhöhter Infektionsgefahr kann das Immunsystem zusätzlich mit Mikronährstoffen gezielt unterstützt werden (Vitamine D, A und C, Selen, Zink, Probiotika, etc.).
Vitamin D reduziert stark Risiko für Atemwegserkrankungen
Vitamin D erfüllt sehr wichtige Aufgaben im Immunsystem und schützt bei ausreichender Versorgung vor Infektionen. Aufgrund seiner antimikrobiellen, immunregulierenden und entzündungshemmenden Eigenschaften reduziert Vitamin D vor allem das Risiko für akute Atemwegserkrankungen. Zu diesen zählen z. B. eine akute Bronchitis, eine Lungenentzündung und COVID-19.
Die Gabe von Vitamin D senkt bei Kindern und Erwachsenen mit niedrigem Vitamin-D-Ausgangsstatus die Wahrscheinlichkeit für akute Atemwegserkrankungen auf das 0,3-Fache (Martineau et al., 2017). In Studien mit Kindern konnte die Einnahme von Vitamin D die Erkrankungshäufigkeit für Grippe und Erkältungen auf die Hälfte reduzieren und sogar die saisonale Häufung von Infekten aufheben. Auch der Krankheitsverlauf wird durch Vitamin D positiv beeinflusst, so dass Symptome und Viruslast früher abnehmen (Aloia et al., 2007; Camargo et al., 2012; Zhou et al., 2018). Bei Erwachsenen verdreifacht ein Vitamin-D-Mangel die Sterblichkeit durch Atemwegsinfektionen (Brenner et al., 2020). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt eine generelle Nahrungsergänzung mit Vitamin D zur Prävention von Atemwegsinfekten bei Erwachsenen und Kindern.
Vitamin-D-Werte von Kindern und Jugendlichen meist schlecht
Die Ernährung trägt nur gering zur Vitamin-D-Versorgung bei. Den Großteil des Sonnenvitamins bildet unser Körper bei ausreichender Sonneneinstrahlung in der Haut selbst. Von Oktober bis März ist die Sonnenstrahlung in Mitteleuropa hierfür allerdings nicht stark genug. Vor allem im Herbst und Winter, aber auch bei unzureichendem Aufenthalt in der Sonne, bei dunkler Hautfarbe oder bei starker Verwendung von Sonnenschutzmitteln reichen die körpereigene Bildung von Vitamin D in der Haut und die Zufuhr über Lebensmittel häufig nicht aus (Kunz und Zittermann, 2015). Bei vielen Kindern und Jugendlichen ist die Vitamin-D-Versorgung daher unzureichend, vor allem in der dunklen Jahreshälfte.
62 % der Kinder und Jugendlichen in Deutschland im Alter von 1-17 Jahren sind nicht ausreichend mit Vitamin D versorgt und haben einen Vitamin-D-Spiegel unter 50 nmol/l. Nur 13 % haben gute Werte über 75 nmol/l (Bergmann et al., 2015a; Kunz et al., 2019). Erwartungsgemäß ist die Vitamin-D-Versorgung im Sommer am besten. Die schlechtesten Werte wurden im Frühling gemessen, wenn die Vitamin-D-Speicher über den Herbst und Winter aufgebraucht waren.
Vitamin-D-Ergänzung auch bei Kindern wichtig
Die Einordnung der Vitamin-D-Werte variiert zwischen den Fachgesellschaften. Klar ist jedoch, dass Werte unter 50 nmol/l (20 ng/ml) eine unzureichende Versorgung widerspiegeln. Wünschenswert sind Werte von 75-125 nmol/l (30-50 ng/ml), da diese die Gesundheit optimieren und auch eine ausreichende Wirkung auf das Immunsystem zeigen. Unter 30 nmol/l (12 ng/ml) liegt ein ausgeprägter Vitamin-D-Mangel vor (Kunz und Zittermann, 2015; Taylor, 2020).
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt bei fehlender Eigenbildung die Zufuhr von 800 I.E. Vitamin D für Kinder ab 1 Jahr und Jugendliche und damit die gleiche Menge wie für Erwachsene. Die Zufuhr über die Ernährung liegt bei lediglich 40-160 I.E. pro Tag. Dennoch ist die DGE erstaunlicherweise nicht der Meinung, dass eine allgemeine Nahrungsergänzung notwendig sei, da gespeichertes Vitamin D aus der sonnenreichen Jahreshälfte im Herbst und Winter aufgebraucht werden könne. Dass dies leider eine Fehleinschätzung ist, belegen die o.g. Zahlen zur Vitamin-D-Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Zur ausreichenden Versorgung ist daher die zusätzliche Vitamin-D-Zufuhr über Supplemente dringend anzuraten.
Michael Holick, der weltweit bedeutendste Vitamin-D-Wissenschaftler, empfiehlt für Kinder ab 1 Jahr die Aufnahme von mindestens 600 I.E. Vitamin D zur Optimierung der Knochengesundheit. Allerdings ist nicht klar, ob diese Menge auch für alle Gesundheitswirkungen über die Knochen hinaus ausreicht. Um die Blutspiegel dauerhaft über 75 nmol/l anzuheben, sind möglicherweise mindestens 1000 I.E. Vitamin D pro Tag nötig (Holick et al., 2011).
Wie viel Vitamin D ist sicher?
Die regelmäßige Einnahme moderater Vitamin-D-Mengen ist sicher und ohne Nebenwirkungen – auch bei ausreichend Vitamin-D-Eigenbildung. Als Höchstwert schlägt Holick bei Kindern von 1-3 Jahren mindestens 2500 I.E. pro Tag, für Kinder von 4-8 Jahren 3000 I.E. und 4000 I.E. für alle ab 8 Jahren vor. Dieses „Tolerable Upper Limit“ sollte bei der dauerhaften täglichen Zufuhr nicht überschritten werden, um eine Überdosierung und Nebenwirkungen zu verhindern. Bei einem vorhandenen Vitamin-D-Mangel können zeitweise aber höhere Dosierungen notwendig sein (Holick et al., 2011). Vor allem bei hochdosierter Zufuhr von Vitamin D ist die ergänzende Einnahme von Vitamin K2 wichtig, um die Vitamin-D-Wirkung zu verbessern und das Risiko potenzieller Nebenwirkungen (Hypercalcämie) zu senken.
Weitere wichtige Mikronährstoffe und Pflanzenstoffe für das Immunsystem
Während eines akuten Infektes ist der Bedarf an zahlreichen Mikronährstoffen erhöht – auch bei Kindern und Jugendlichen. Die allgemein empfohlenen Zufuhrmengen sind dann häufig nicht ausreichend, gerade wenn die Kinder im Winter einen Infekt nach dem anderen bekommen. Für das Immunsystem und gegen virale Atemwegserkrankungen sind die Vitamine C und A sowie Zink und Selen sehr wichtig. Vitamin E – am besten in Form natürlicher Tocopherole – kann vor Folgeschäden einer Virusinfektion schützen. Auch sekundäre Pflanzenstoffe bieten wirksame Unterstützung für das Immunsystem, so z.B. Quercetin oder Polyphenole aus Granatapfel und Holunderbeere. Weitere wirkungsvolle Pflanzen sind Zistrose, Eberraute, Echinacea, Hagebutte, Knoblauch, Curcuma, Ingwer, Kapuzinerkresse und Meerrettich sowie Oregano- und Nelkenöl. Da die Darmflora für unser Immunsystem eine zentrale Rolle spielt, können auch Probiotika, insbesondere Bacillus subtilis, einen deutlichen Effekt gegen Atemwegsinfektionen erzielen.
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