Die Grundsteuerreform in Deutschland steht vor weiteren Herausforderungen, nachdem das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in zwei Eilbeschlüssen vom 23. November 2023 (Aktenzeichen: 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23) erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Bundesmodells zur Grundsteuerberechnung geäußert hat. Diese Entscheidungen betreffen klagende Immobilieneigentümer, denen vorläufiger Rechtsschutz gewährt wurde, da das Gericht erhebliche Bedenken hinsichtlich der Bodenrichtwerte als Grundlage für die Grundsteuerberechnung sieht.
Haus & Grund Deutschland, der Eigentümerverband, fühlt sich durch diese Entscheidungen in seiner Kritik am Bundesmodell bestärkt. Prof. Gregor Kirchhof hatte bereits in einem Rechtsgutachten im Auftrag von Haus & Grund und dem Bund der Steuerzahler die Ungeeignetheit der Bodenrichtwerte als Basis für die Grundsteuerberechnung betont. Besonders kritisiert wurde ihre Anwendbarkeit in Fällen, in denen Gutachterausschüsse fehlen, Kaufpreissammlungen unzureichend sind oder lagebedingte Wertminderungen auftreten.
Der erste Streitfall vor dem Finanzgericht bezieht sich auf die Grundsteuerwertfeststellung für ein Einfamilienhaus aus dem Jahr 1880 mit einer Wohnfläche von 72 Quadratmetern. Trotz des Alters und des renovierungsbedürftigen Zustands setzte das Finanzamt den gesetzlich normierten Mietwert an und legte den Grundsteuerwert auf 91.600 Euro fest. Im zweiten Fall wurde für ein 1977 erbautes Einfamilienhaus mit 178 Quadratmetern Wohnfläche der Bodenrichtwert ohne Abschlag berücksichtigt, obwohl die Antragsteller aufgrund einer besonderen Lage Abschläge forderten. Hier setzte das Finanzamt den Grundsteuerwert auf 318.800 Euro fest.
Das Bundesmodell zur Grundsteuerberechnung ist in Rheinland-Pfalz und zehn weiteren Bundesländern anwendbar. Die Bemessungsgrundlage wird durch den Grundsteuerwert auf den 1. Januar 2022 vorbestimmt. Das Finanzgericht setzte die Vollziehung der Grundsteuerwertbescheide aus, da es erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide und an der Verfassungsmäßigkeit der Bewertungsregeln sieht.
Die Zweifel des Gerichts beziehen sich vor allem auf die Unabhängigkeit der Gutachterausschüsse in Rheinland-Pfalz. Nach der dortigen Verordnung können Einflussnahmemöglichkeiten nicht ausgeschlossen werden. Zudem sieht das Gericht systematische Bewertungslücken in den Bodenrichtwerten aufgrund möglicher Datenlücken in den Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse. Das Gericht plädiert dafür, dass unter bestimmten Bedingungen ein unter dem typisierten Grundsteuerwert liegender Wert nachgewiesen werden kann, um mögliche Härten zu vermeiden.
Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Gerichts beziehen sich auf eine mögliche Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes. Es zweifelt daran, dass die Bewertungsregelungen eine realitäts- und relationsgerechte Grundstücksbewertung ermöglichen. Es sieht eine Nivellierung mit systematischen Unter- und Überbewertungen sowie Wertverschiebungen, die eine gleichheitsgerechte Bewertung unmöglich machen.
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen, da die Rechtsfragen eine grundsätzliche Bedeutung haben. Die vorläufige Aussetzung der Grundsteuerwertbescheide bedeutet jedoch keine endgültige Entscheidung über deren Verfassungsmäßigkeit.
Quelle: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
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