Gezielte Förderung für leistungsschwache Schüler muss jetzt ausgebaut werden
Zum gemeinsamen Lesen, Lachen und vertrauten Gespräch treffen sich bundesweit 16.500 Lesekinder einmal in der Woche in der Schule mit einem Lesementor. Weil das seit Mitte März in der Corona-Krise nicht mehr geht, hat Mentorin Andrea Fuchs ihrem Lesekind einen Laptop ausgeliehen und mailt nun Lesevorschläge, die beide am Telefon besprechen.
Andere Mentoren schreiben Briefe mit Geschichten zum Vollenden, stecken Kinderzeitungen in Briefkästen und lesen mit ihren Lesekindern im Videochat. Einige nutzen digitale Lesespiele im Internet, die sie mit den Kindern am Telefon spielen. Auch Lesetreffen im Garten hat es seit den Lockerungen schon gegeben, – natürlich mit Abstand. Manche telefonieren einfach nur regelmäßig, um zu erfahren, wie es den Kindern geht.
Einem Teil der bundesweit 12.500 ehrenamtlichen Lesementoren gelingt es so seit Wochen, ihre Lesekinder weiter zu unterstützen, ohne sie wie gewohnt in den Schulen
zu treffen.
Die Kontaktaufnahme zu den Kindern und Jugendlichen haben die MENTOR-Vereine, in denen die Lesementoren regional organisiert sind, bei den Schulen angefragt. Sie holen das Einverständnis der Eltern ein und – wie im Fall von Angelika Fuchs – tauschen sich viele Lehrkräfte mit den Mentoren auch über die Schüler aus. Sie wissen, wie wertvoll es ist, wenn gerade die Kinder und Jugendlichen, die von ihren Eltern zuhause nicht unterstützt werden können, von ihren Mentoren gefördert werden.
Margret Schaaf, 1. Vorsitzende des MENTOR – Die Leselernhelfer Bundesverbands e.V. erläutert: „In der Corona-Krise öffnet sich die Bildungsschere gerade sehr schnell, sehr weit. Viele Experten und wir von MENTOR befürchten, dass die Bildungsungleichheit massiv zunimmt, wenn leistungsschwächere Schüler nicht gezielt gefördert werden. Daher begleiten viele unserer Lesementoren ihre Lesekinder aktuell mit kreativen und digitalen Mitteln weiter. So haben sie eine Chance, im Bildungssystem nicht abgehängt zu werden. Denn das Lesen ist die Grundlage für das Lernen in allen Fächern.“
Das und viele kleine Erfolge motivieren die ehrenamtlichen Mentoren in den bundesweit 89 MENTOR-Vereinen, ihre Menteés in der Corona-Zeit weiter für das Lesen zu begeistern, obwohl der Aufwand oft sehr groß ist. Ein Erfolg ist zum Beispiel, wenn Kinder berichten, dass sie in den Büchern, die ihre Mentoren geschickt haben, zum ersten Mal in ihrem Leben gemeinsam mit ihren Eltern etwas gelesen haben. Angelika Fuchs motiviert, dass sie die einzige Kontaktperson ist, mit der ihr Lesekind außerhalb der Schule Deutsch spricht. Die achtjährige wohnt mit ihrer Familie auf engstem Raum in einer Flüchtlingsunterkunft.
Der Bundesverband von MENTOR unterstützt seine regionalen Vereine und Mentoren vor Ort auf neuen Wegen, mit Informationen für die digitale Leseförderung und Vereinsführung, Erweiterung seiner Beratungsangebote und ab Mitte Juni mit Webinaren. Für die Wiederaufnahme der Leseförderung an den Schulen erarbeitet der Verband neue Konzepte.
Aktuell appelliert der Bundesverband an die Politik und die Gesellschaft, die Unterstützung von leistungsschwachen Kindern und Jugendlichen durch außerschulische Fördermaßnahmen jetzt mit Nachdruck zu verfolgen. Er fordert eine rasche Wiederaufnahme und Verstärkung dieser Maßnahmen sowie ein starkes gesellschaftliches Engagement. Margret Schaaf betont: „Die ohnehin schon ungleich verteilten Bildungschancen erst in den Blick zu nehmen, wenn die Krise ausgestanden ist, hängt, Kinder wissentlich noch mehr ab. Die Gesellschaft und das Bildungssystem müssen sie besonders fördern. Das kann über den verstärkten und schnellen Einsatz von Ehrenamtlichen erfolgen, die so wie unsere Lesementoren qualifiziert werden und in die Schulen kommen, sobald es die Corona-Situation erlaubt. Bis dahin können sie die Schüler über digitale Wege zuhause unterstützen.“
Das Erfolgsprinzip der Leseförderung von MENTOR basiert auf der 1:1-Förderphilosophie: Ein Mentor fördert ein Kind, mindestens ein Jahr lang, eine Stunde pro Woche. Der Bundesverband und die Lesementoren hoffen, dass diese Verabredungen zum gemeinsamen Lesen bald wieder möglich sein werden, wenn auch unter anderen Bedingungen. Solange setzen sie auf kreative und digitale Wege.
Über MENTOR – Die Leselernhelfer Bundesverband
Oberstes Prinzip ist die 1:1-Betreuung: Ein Mentor fördert ein Kind, einmal in der Woche, mindestens ein Jahr lang. Die Förderung erfolgt ausschließlich in Kooperation mit den Schulen. Unter dem Dach des Bundesverbandes engagieren sich 12.500 ehrenamtliche Lesementoren für 16.500 Kinder und Jugendliche.
Der erste MENTOR-Verein wurde 2003 in Hannover gegründet. Der Bundesverband mit Sitz in Köln sorgt vor allem für die Qualifizierung der Lesementoren, damit sie gut vorbereitet ihr Ehrenamt aufnehmen und bei ihrer verantwortungsvollen Aufgabe begleitet werden. Schirmherren sind Richard David Precht, Sandra Maischberger, Armin Maiwald, Simone Standl und Markus Wasmeier.
Verantwortlicher für diese Pressemitteilung:
MENTOR – Die Leselernhelfer Bundesverband e.V.
Frau Agnes Gorny
Grafenwerthstr. 92
50937 Köln
Deutschland
fon ..: 0221 16844745
web ..: http://www.mentor-bundesverband.de
email : gorny@mentor-bundesverband.de
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