Berlin (ots) – Der mobile Blitzer Leivtec XV3 liefert abweichende Messergebnisse. Dies bestätigte der Hersteller und bat, den Blitzer für amtliche Messungen vorerst nicht zu verwenden. Auch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) räumte inzwischen ihre Kenntnis über die Abweichungen ein und kündigte Tests an. Fall erledigt, könnte man meinen. Dabei stellt niemand die offensichtliche Frage, inwieweit die PTB bei der Zulassung (Konformitätsbewertung) der Messgeräte versagt hat. Auch wenn Fehler immer passieren, sind sie an dieser Stelle besonders problematisch. Denn Gerichte verurteilen geblitzte Autofahrer unter der Annahme, zugelassene Blitzer seien fehlerfrei. Die Berliner CODUKA GmbH – Betreiber des Portals www.geblitzt.de/ ist der Sache mit Hilfe eines Insiders auf den Grund gegangen.
So prüft die PTB Geschwindigkeitsmessgeräte
Für die Problematik ist es wichtig zu verstehen, wie die Zulassung eines Blitzers funktioniert. Der Hersteller entwickelt ein Gerät. Anschließend reicht er davon ein Muster zur Zulassung beziehungsweise Konformitätsbewertung bei der PTB ein. Vor jeder Zulassung prüft die PTB dann das Gerät nach eigener Aussage vollumfänglich:
„jede neue Bauart eines Geschwindigkeitsmessgerätes und jedes Update der Software des Gerätes und seines Auswerteprogramms …, um unter anderem sicherzustellen, dass Geräte dieser Bauart unter allen Umständen einen Messwert (den sogenannten „geeichten Messwert“) ausgeben, der die Verkehrsfehlergrenzen einhält“.
„Dies ist der Anspruch, den die PTB öffentlich formuliert, und der Grund für das Vertrauen in die Messgenauigkeit der Blitzer. Dass das so nicht zutrifft, sehen wir an den fehlerhaften Messergebnissen des Blitzers Leivtec XV3. Es scheint eben nicht alles geprüft zu werden“, meint Jan Ginhold, Geschäftsführer und Betreiber von Geblitzt.de.
In einer Stellungnahme aus dem Jahr 2019 geht die PTB zudem davon aus, dass Hersteller das zuzulassende Gerät vorab testen. Dies bezieht sich sowohl auf die Einhaltung der Spezifikationen als auch auf die Vorgaben des Mess- und Eichrechts. Nach Ansicht der PTB könnten so die Hersteller Zeit und Kosten im Zulassungsprozess sparen. „Das klingt für mich nach einem Versuch, die behördliche Verantwortung auf die Hersteller abzuwälzen“, so Ginhold.
Ist die Zulassung erteilt, baut der Hersteller dem Baumuster entsprechende Geräte. Die spätere regelmäßige Eichung prüft, ob das Gerät im Rahmen der Eichung richtig misst. Ob die Messungen im Einsatz richtig sind, kann dabei jedoch nicht kontrolliert werden. Der Fehler liege demnach nicht beim Hersteller, der auf die korrekte Prüfung vertraut, sondern allein bei der Zulassung der PTB, so die Auffassung von Geblitzt.de
Kritik an PTB und fehlender Rohmessdatenspeicherung
Bereits seit 2019 steht der Leivtec XV3 in der Kritik. „Unfassbar, dass die PTB ihre eigenen Ansprüche nicht erfüllt und es so lange bis zum Erkennen der Fehler gedauert hat“, so Jan Ginhold. Der ehemalige Mitarbeiter der PTB geht jedoch noch einen Schritt weiter und meint: „Nicht unfassbar, sondern es war genau so zu erwarten.“ Denn die Verantwortlichen in der PTB seien davon überzeugt gewesen, dass es physikalisch unmöglich sei, dass Messgeräte, die frontal optisch messen, diese Fehler zulasten der Verkehrsteilnehmer aufweisen können. Der ehemalige PTB-Mitarbeiter nennt dies Betriebsblindheit: „Probleme, an deren Existenz man nicht glaubt, kann man im Rahmen der Zulassungsprüfung nicht feststellen.“
Systematisches Ignorieren von Fehlerquellen und anderen Meinungen seien Alltag bei der PTB, erklärte der Insider dem Portal Geblitzt.de gegenüber und nennt dies „strukturelle Bequemlichkeit mit Billigung der Vorgesetzten zum Nachteil jedes Einzelnen.“
„Auch die Ablehnung der Speicherung von Rohmessdaten zur nachträglichen Prüfung von Einzelmessungen hängt damit eng zusammen“, so Jan Ginhold. „Laut unserem Insider wären durch ebendiese Daten die Versäumnisse und Fehler der PTB dokumentierbar.“
Im Saarland führte dieses Problem der fehlenden Überprüfbarkeit und damit auch der fehlenden Transparenz zu einem entsprechenden Urteil. Im restlichen Teil der Republik, auch wiederkehrend durch die Urteile der Gerichte, hat man offensichtlich zu Unrecht auf die Zulassungs- und Prüfkompetenz der PTB vertraut.
Standardisierte Messverfahren
Wenn ein Geschwindigkeitsmessgerät, wie auch der Blitzer Leivtec XV3, die Zulassungsprüfung der Bundesoberbehörde PTB bestanden hat, behandeln die Gerichte die Messungen bei Einhaltung der Vorgaben in der Bedienungsanleitung grundsätzlich als „fehlerfrei“. Die Gerichte gehen daher nach der Zulassung davon aus, dass bei diesen standardisierten Messverfahren Fehler oberhalb der Toleranzabzüge von 3 km/h (3 %) bei Geschwindigkeiten bis 100 km/h (über 100 km/h) ausgeschlossen sind. In der Folge wurden gerichtliche Anfechtungen der Bußgeldvorwürfe wegen angeblich überhöhter Geschwindigkeit oftmals mit der Begründung, es handle sich um ein solches „standardisiertes Messverfahren“, abgeschmettert.
„Dies wissen wir aus unzähligen Verfahren in der ganzen Bundesrepublik“, erklärt Jan Ginhold. Er ergänzt: „Die dokumentierten Abweichungen des Leivtec XV3 zeigen, dass, nur weil die PTB die Zulassungsprüfung durchgeführt hat, Fehlmessungen nicht auszuschließen sind. Aufgrund der Einsatzhäufigkeit dieses Blitzers bedeutet es aber auch, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit in den letzten Jahren viele Autofahrer zu Unrecht beschuldigt oder zu hoch sanktioniert wurden. Von einer Gerechtigkeit im Sinne des deutschen Rechtsstaates kann im Einzelfall somit keine Rede sein. Solange eine nachträgliche Prüfung von Messungen unmöglich ist, weil Rohdaten nicht gespeichert werden, wird sich daran nichts ändern. Aussagen der PTB zur Rohdatenspeicherung zeigen aber, dass Änderungen unerwünscht sind und diese Folgen bewusst in Kauf genommen werden.“
An dieser Stelle stellt sich die Frage: Wie wird die PTB eigentlich geprüft? Es scheint eine unabhängige qualifizierte Kontrollinstanz mit ausgebildeten Auditoren zu fehlen. „Um sowohl das Vertrauen in die PTB als auch die Einzelfallgerechtigkeit wieder herzustellen, fordern wir mehr Transparenz. Abhilfe würde die spätere Nachvollziehbarkeit von Einzelmessungen schaffen. Dafür ist eine Rohdatenspeicherung zwingend erforderlich. Wir können nur allen Betroffenen raten, jeden Bußgeldbescheid definitiv prüfen zu lassen“, ergänzt Jan Ginhold abschließend.
Professionelle Bußgeld-Hilfe von Geblitzt.de
Bei Geschwindigkeits-, Rotlicht-, Abstands-, Überhol-, Vorfahrts- und Handyverstößen arbeitet die CODUKA GmbH für die Überprüfung der Vorwürfe eng zusammen mit drei großen Anwaltskanzleien, deren Verkehrsrechtsanwälte bundesweit vertreten sind. Die Zahlen können sich sehen lassen. Täglich erreicht das Geblitzt.de-Team eine Flut von Anfragen. 12 % der betreuten Fälle werden eingestellt, bei weiteren 35 % besteht die Möglichkeit einer Strafreduzierung. Und wie finanziert sich das kostenfreie Geschäftsmodell? Durch die Erlöse aus Lizenzen einer selbst entwickelten Software, mit der die Anwälte der Partnerkanzleien ihre Fälle deutlich effizienter bearbeiten können. Somit leistet die CODUKA GmbH aufgrund des Einsatzes von Legal-Tech-Lösungen Pionierarbeit auf dem Gebiet der Prozessfinanzierung.
Quellen:
https://doi.org/10.7795/520.20190214
https://www.iqvmt.de/LeivtecXV3.html
https://www.iqvmt.de/images/XV3_102020/Leivtec_Infoschreiben_20210312.pdf
https://ots.de/3ZokvZ
https://www.jenoptik.de/presse/pressemitteilungen/2019/08/01/update-traffistar-s350
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