Kempten / Berlin (ots) –
Alle drei Parteien der neuen Bundesregierung erfahren in der jungen Generation eine hohe Zustimmung. Aus Befragungen am Wahltag geht hervor, dass Die Grünen mit 22% die Mehrheit bei den 18- bis 29-Jährigen erreichten, die FDP stand mit 20% an zweiter Stelle, und die SPD kam auf 17%. Ob Grüne und FDP aber auf lange Sicht die Gunst bei den jungen Menschen weiter so deutlich behalten werden, ist nach einer Nachbefragung von 14- bis 29-Jährigen im Rahmen der repräsentativen Studie „Jugend in Deutschland“ unter Leitung von Simon Schnetzer und Klaus Hurrelmann durchaus fraglich. Denn Themen der sozialen Sicherung gewinnen immer mehr an Aufmerksamkeit, und die werden traditionell mit der SPD verbunden. In die Studie waren insgesamt 1.014 junge Leute im Alter von 14 bis 29 Jahren einbezogen.
Die Jungwähler haben pragmatisch ihr Kreuz gemacht, erläutert Jugendforscher Simon Schnetzer: „Unsere Ergebnisse zeigen: Junge Menschen sind Themenwähler. Sie orientieren sich ganz direkt an den inhaltlichen Schwerpunkten einer Partei. Die Grünen profitieren klar von ihrem Schwerpunkt Klima- und Umweltpolitik, die FDP von den Themen Grundrechte und Digitalisierung. Fordernd, wie sie sind, erwarten junge Menschen von der neuen Bundesregierung nun, dass bei diesen Themen schnell klare Entscheidungen fallen.“
Vorsprung von Grün und Gelb kann dahinschmelzen
Die beiden Jugendforscher Simon Schnetzer von Datajockey Kempten und Klaus Hurrelmann von der Hertie School Berlin sehen hierin für die Grünen und die FDP eine starke Herausforderung. Besonders bei den Grünen sei der Anteil von ungeduldigen, auf schnelle und radikale Alternativen wartenden jungen Leute besonders hoch. „Den Grünen sitzt die Umweltbewegung Fridays for Future im Nacken“, so Schnetzer. „Und die FDP kann ihre Versprechen auf schnelle Rückgewinnung bürgerlicher Freiheiten unter dem Eindruck der vierten Corona-Welle kaum einlösen. Unter diesen Umständen kann der Vorsprung von grün und gelb schnell dahinschmelzen“, erläutert Hurrelmann.
SPD kann bei Jungen deutlich aufholen
Vor allem die SPD könnte nach dieser Analyse deutlich aufholen. „Sie liegt mit ihren Themen Arbeitsmarktpolitik und Alterssicherung bei den jungen Menschen voll im Trend“, so Hurrelmann. Schnetzer ergänzt: „In Zeiten allgemeiner Unsicherheit hat sich das Thema Rentensicherung bei den 14- bis 29-Jährigen inzwischen an die erste Stelle der Erwartungen an die neue Regierung geschoben und steht noch vor Umwelt- und Digitalisierungsfragen. Auch die Sorge um die Sicherung beruflicher Perspektiven und die Furcht vor der sozialen Spaltung der Gesellschaft treiben die jungen Menschen um.“ Die SPD könnte nach Einschätzung der Forscher hiervon profitieren, denn sie wird eng mit diesen Themen verbunden. Zudem sei die Chance vergleichsweise hoch, dass sie mit ihrer langen Regierungserfahrung diese klassischen Themen auch politisch umsetzen kann. Das sei für die komplexen Themen Klimapolitik, Freiheitsrechte und Digitalisierung schon erheblich schwieriger. Darüber hinaus seien Grüne und FDP auf Bundesebene nach langer Mitregierungspause quasi politische Neulinge, die gegenüber dem Regierungsprofi SPD möglicherweise zurückstehen werden.
Überraschendes Wahlergebnis für 14- bis 29-Jährige
Dass die Rangordnung der drei Regierungsparteien nicht in Stein gemeißelt ist, zeigt eine Nachbefragung zur Bundestagswahl. Hätten nämlich am 26. September 2021 auch die 14- bis 17-Jährigen und die 14 bis 29 Jahre alten, noch nicht eingebürgerten ausländischen jungen Menschen ihre Stimme abgeben können, dann wäre das Ergebnis in der jungen Generation anders ausgefallen. Die Grünen würden ihre Spitzenposition mit noch 20% halten, aber etwas verlieren. An die zweite Stelle würde die SPD mit unverändert 17% rücken. Die FDP würde mit 16% deutlich abrutschen. „Natürlich darf man solche Momentaufnahmen nicht überbewerten,“ so Hurrelmann, „aber die dahinter liegenden Trends sollten die Parteien sehr ernst nehmen.“ Dass die CDU/CSU bei dieser Nacherhebung mit 10% sehr schlecht abschneidet, zeigt, wie groß die Zukunftsaufgaben der Union sind. AfD und DIE LINKE kommen beide auf jeweils etwa 6%.
Die Jungen sind politisches Startkapital
Die beiden Forscher resümieren: „Die junge Generation ist zwar demographisch nicht sehr stark, aber wer ihre Stimme hat, der kann damit rechnen, guten Nachwuchs für sich zu begeistern und in den kommenden Jahren an politischer Aufmerksamkeit zu gewinnen. Deswegen ist das Abschneiden der Parteien bei jungen Leuten von großer Bedeutung, und der Wettbewerb bleibt weiter bestehen. Für Parteien ist es essenziell, die Beteiligung junger Menschen im Wettbewerb untereinander zu steigern, um den Rückhalt der Demokratie in der Bevölkerung zu sichern. Gerade mitten in der Pandemie gilt es, das Vertrauen der Großteils enttäuschten jungen Menschen in die Politik wieder aufzubauen“.
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